Über die Jugend und das Altern

VON Axel Maluschka
27. Januar 2012

Wissen Sie, was ein Zwergenadapter ist? Oder ein Hausfrauenpanzer? Eine Gammelfleischparty? Falls nicht, sind Sie wahrscheinlich alt. Oder zumindest nicht mehr jugendlich. Obige Wortkonstrukte entstammen der Liste der Jugendwörter, die ähnlich wie die Unwörter (z. B. »alternativlos« oder »Dönermorde«) jährlich ermittelt wird. Doch was macht neben der eigenen Sprache die Jugend aus? Und warum um Gottes Willen müssen wir altern?

(Zwergenadapter = Kindersitz; Hausfrauenpanzer = sportlicher Geländewagen, SUV; Gammelfleischparty = Ü30-Party)

Was ist die Jugend? In Deutschland, meinem Gefühl nach, grundsätzlich attraktiver als ältere Generationen. Wir erliegen einem Jugendkult, der uns der Jugend Entwachsenen depressiv werden lassen könnte. Überall frohlocken und zeigen sich auf den Plakaten, im Fernsehen und in Zeitschriften die visuell schönen Jungmenschen, die immer glücklich zu sein scheinen. Zudem nehme ich ein Bestreben der Unternehmen wahr, jüngere Arbeitnehmer einzustellen. Hier könnten wir uns ein Beispiel an den Asiaten nehmen, die wie beispielsweise in China ihre älteren Generationen hochachten und ihren Wert und ihre erbrachte Leistung zu schätzen wissen.

Jugendlich wird ein Mensch genannt, der kein Kind mehr ist und noch so wenig Verschleiß zeigt, dass er belastbarer erscheint, anpassungsfähiger, leistungsstärker und weniger vom Leben gezeichnet. Bis auf Letzteres halte ich dies für einen Trugschluss.

Belastung meint in unserer heutigen Arbeitswelt oft die Psyche. Klar, handwerkliche Berufe können körperlich fordern. Hier sind jüngere Mitarbeiter sicher ausdauernder. Doch wie bei der Psyche können wir etwas Lebenserfahrenere mit Strategien aufwarten, die der Jüngere noch nicht kennt. Wir verteilen stärkere Belastungen beispielsweise. Wir haben uns mit Zeit- und Stressmanagement beschäftigt. Und anstatt darauf loszuarbeiten und am Abend zusammenzubrechen, nehmen wir uns erst einmal die Zeit zu planen und zu organisieren. Wir Mittelalten und Älteren haben (oft) gelernt, unsere Kräfte intelligent und effizient einzusetzen. Weil wir sie nicht vergeuden wollen (oder können).

Dass Jüngere anpassungsfähiger sind, kann, muss aber nicht sein. Womöglich wird die Fähigkeit, sich schneller in neue Systeme und neues Wissen einzuarbeiten, vom jugendlichen Hang zur Rebellion aufgezehrt. Kennen Sie Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema?

Das Leistungsvermögen hängt wiederum von der Aufgabenstellung ab. Hier gilt ebenfalls, was ich oben schrieb: Durch die gesammelten Erfahrungen kann der Mensch im Lauf seines Lebens effektiver arbeiten und mit weniger Aufwand zu besseren Ergebnissen kommen. Und was ist mit der Kreativität? Sinkt die wenigstens mit zunehmendem Alter?

Ich glaube, nein. Kreative Geister bleiben das. Durch ihre Lebenserfahrung und die erweiterten Horizonte können sie im Geiste Grenzen sprengen, von denen sie im jugendlichen Alter noch nicht einmal etwas ahnten. Natürlich drängt sich bei jedem Menschen im Lauf der Jahre Routine auf. Die zu erkennen, einzuschätzen und sein Verhalten zu ändern, obliegt jedem Menschen altersunabhängig selbst. Die Sicherheit der Routine ist immer trügerisch, egal wie alt ich bin. Wenn ich immer mit Veränderung rechne oder sie selbst anstrebe, werde ich mit ihr nicht nur klarkommen, sondern an ihr wachsen. Denn letztlich gilt: Leben ist Veränderung.

Zum Offensichtlichen: dem körperlichen Verfall. Spätestens, wenn es sich die 4 im Lebensalter gemütlich macht, um längere Zeit zu bleiben, sieht man im Spiegel einen Menschen, der die Straffheit der vergangenen Jahrzehnte verloren zu haben scheint. Wenn die 5 in der Lebenszahl eingezogen ist, verlangsamt man den Gang vor dem Sanitätshaus. Muss das so sein?

Klar altern wir alle. Noch ist wissenschaftlich ungeklärt, warum genau. Unsere Zellen haben eines Tages keine Lust mehr, sich ordnungsgemäß zu erneuern. Sie werden bei der Reproduktion schlampig. So runzelt die einst straffe Haut und lässt sich der Muskel schwerer aufbauen. Eine spannende Zahl las ich vor kurzem: Der Bevölkerungswissenschaftler James W. Vaupel schätzt, dass bis zu einem Viertel der Lebenserwartung genetisch bestimmt ist, ein weiteres Viertel durch frühe und die Hälfte durch späte, primär soziale Lebensereignisse.

Und wie können wir diese Lebensereignisse so gestalten, dass sie positiv wirken? Ich glaube, dass es darauf ankommt, im Leben grundsätzliche Entscheidungen zu fällen, die mich mit meinen Werten und Überzeugungen im Einklang leben lassen. Das klappt selten zu 100 %, doch die Tendenzen sollten stimmen. Als Beispiel sei hier die Bewegung genannt, sowohl die körperliche als auch die geistige. Wer beweglich ist, wird es bleiben. Und genau das sieht man dem Menschen an, auch – und erst recht – im Alter.

Bewegung – das ist das Motto von Movivendo. Denn Leistung ist Bewegung, beruflich, physikalisch, geistig. Wir helfen Menschen und Teams, beweglich zu bleiben oder es (wieder) zu werden. Denn letztlich spiegelt sich das Produkt aus Bewegungsqualität und -quantität nicht nur in der eigenen Leistung wider, sondern in der Lebenszufriedenheit. Der Geist bewegt mich, bildet meine Persönlichkeit, die wiederum meinen Körper formt. 

Ich wünsche Ihnen, dass Sie beweglich bleiben und damit Ihre Jugend und Kraft erhalten.

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