Was du von einer Mediatorin für deine Konflikte lernen kannst

VON Axel Maluschka
12. September 2016

Hattest du schon einmal einen Streit, bei dem es richtig hoch her ging? Bei dem die Fetzen flogen?

Irgendwann warst du sicher an dem Punkt, wo es dir nicht mehr um den Streitgegenstand ging.

Du wolltest nur noch, dass der andere verliert. Du wolltest ihn vernichten. Egal um welchen Preis.

Dein Konflikt war eskaliert.

In einem solchen Fall wird es dir und deinem Gegner nicht mehr gelingen, euren Konflikt allein zu lösen. (Wenn er überhaupt noch lösbar ist!)

Ihr braucht auf jeden Fall Hilfe.

Diese kommt von Mediatoren – Konfliktvermittlern. Und von denen kannst du für deine Konflikte richtig viel lernen.

Deshalb habe ich heute eine Mediatorin eingeladen.

Christina Wenz erklärt im Interview auf charmante Art, wie sie in Konflikten vermittelt und was ihrer professionellen Erfahrung nach die wichtigsten Voraussetzungen sind, um einen Konflikt zu lösen.

In dieser Episode erfährst du:

  • Wer sich an einen Mediator oder eine Mediatorin wendet
  • Wie wichtig Konfliktlösungen für das Lebensglück sind
  • Was die wichtigsten Voraussetzungen für Konfliktlösungen sind
  • Wann du deine Konflikte allein lösen kannst und wann du Hilfe brauchst
  • Welchen wichtigsten Tipp Christina für dich hat, wenn du in einem Konflikt bist und ihn lösen willst
  • Was in Konflikten hinter Forderungen steckt und
  • Wie du der Eskalation von Konflikten ganz einfach vorbeugst

Ich wünsche viel Spaß beim Hören!


Shownotes:


Alle Folgen von „Konflikt-Power aufs Ohr“ findest du hier.


Transkript:

Grüß dich! Du hörst den Podcast „Konflikt-Power aufs Ohr.“  Ich bin Axel Maluschka.

Du erfährst hier ganz nebenbei, wie du deine Konflikte so anpackst, dass nur Gewinner vom Platz gehen.

Dabei biete ich dir Regeln an, die ich aus dem Karate und unserer Karategruppe – also aus dem Umgang miteinander – abgeleitet habe. Und diese Regeln kannst du nehmen und, wenn du magst, auf deine Kommunikationssitation übertragen.

Heute – ich hatte es das letzte Mal schon angekündigt – habe ich das erste Mal einen Interviewgast bei mir. Und ich freue mich sehr.

Wer das ist, das erfahrt ihr gleich.

Und ab die Musik!

[Musik]

AXEL: Hallo. Einen schönen guten Tag zur heutigen Episode.

Ich hatte es schon angekündigt, heute findet ein Interview statt. Und zwar mit Frau Christina Wenz. Christina ist Mediatorin.

Hallo Christina!

CHRISTINA: Hallo Axel, hallo liebe Zuhörer.

AXEL: Hallo Christina, vielleicht fangen wir mal damit an, dass du ganz kurz sagst, wer du bist. Für diejenigen, die Dich noch nicht kennen: Was machst du so und wie bist du dazu gekommen?

CHRISTINA: Mein Name ist Christina Wenz, ich komme aus Kaiserslautern und bin vom Grundberuf her Juristin. Ich habe viele Jahre als Juristin gearbeitet, dann aber in meinen verschiedenen Berufsstationen festgestellt, dass ich es frustrierend fand, bei Konflikten nicht zufriedenstellend weiterhelfen zu können.

Ich habe z.B. ein Team geleitet, da kommt es oft zu Konflikten und da fand ich es  immer traurig, dass ich nicht so richtig wusste, wie ich den Beteiligten helfen sollte.

Deshalb habe ich mich vor einigen Jahren entschieden, eine Zusatzausbildung zur Mediatorin an der Universität Heidelberg zu beginnen. Das hat mich dann so begeistert, dass es kein Zurück mehr gab.

2013 habe ich mich dann als Mediatorin selbständig gemacht.

Mittlerweile bin ich auch Konfliktcoach, d.h. helfe meinen Kunden dabei, friedliche Lösungen in ihren Konflikten zu finden.

Auch diese Tätigkeit begeistert mich!

AXEL: Schön. Das hört man auch.

Ich finde das sehr angenehm, wie du die Inhalte auf Deiner Homepage präsentierst. Wie du oftmals deine Artikel augenzwinkernd schreibst. Das gefällt mir gut.

Ich habe dich ja auch schon mal bei mir empfohlen. Du bist sogar, glaube ich, die Einzige, die ich hier empfohlen habe.

CHRISTINA: Vielen Dank.

AXEL: Gerne.

CHRISTINA: Ich versuche das Ganze ein bisschen locker und humorvoll aufzubereiten. Absolut bierernst soll das alles nicht sein.

AXEL: Konflikte sind ja oft ernst genug für die Beteiligten.

CHRISTINA: Genau.

AXEL: Muss man nicht noch mehr Ernst reinbringen. Genau.

CHRISTINA:  Es dann auch schön, wenn man etwas Humorvolles liest und sich darin wiedererkennen kann und man vielleicht auch mal über sich selbst lachen kann. Das hilft oft weiter!

AXEL: Ja. Könnte ein erster Schritt sein jeweils.

CHRISTINA: Genau!

AXEL: Was ist denn eigentlich jetzt der Unterschied zwischen einem Konfliktcoach und einem Mediator?

CHRISTINA: Als Mediator helfe ich allen Beteiligten. Da ist herrscht oft bezüglich der Tätigkeit eines Mediators ein Irrtum! Eine Mediation ist nur dann möglich, wenn alle Beteiligten dazu bereit sind.

Oft rufen Leute bei mir an, die eine Mediation wollen. Sie haben also einen Konflikt und schildern ihn mir dann.

Und dann frage ich: Wie sieht es mit der Gegenseite aus? Ist die zu einer Mediation bereit? Würde derjenige auch mit in eine Mediationssitzung kommen? Und dann stellt sich raus, der Andere ist noch gar nicht gefragt worden.

Oder der Anrufer sagt dann, dass der Andere niemals mit in eine Sitzung kommen würde.

Dann ist eine Mediation leider nicht möglich.

Mediation ist wie gesagt nur dann möglich, wenn alle Beteiligten wirklich bereit sind sich zusammenzusetzen.

Wenn das nicht der Fall ist, dann bleibt aber noch der Weg des Konfliktcoachings.

Hierbei kann ich einer Einzelperson helfen und mit ihr überlegen, was man in der Konfliktsituation tun kann, um die Lage zu entschärfen oder für sich selbst wieder Entspannung zu schaffen und mit dem Konflikt besser umzugehen.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Das ist der Unterschied.

AXEL: Bei einer Mediation sitzt du mit beiden oder mit den beteiligten Parteien zusammen?

CHRISTINA: Genau.

AXEL: Und vermittelst zwischen den beiden?

CHRISTINA: Ja.

AXEL: Und in dem anderen Fall ermächtigst du einen, das eventuell irgendwie selber zu lösen?

CHRISTINA: Genau. Oder einfach besser damit umgehen zu können. Alleine ist es ja oft schwer, einen Konflikt zu lösen.

AXEL: Ja. Okay. Ich kann mich noch erinnern an eine Geschichte.

Das war 2008, 2009 während meiner Ausbildung zum Businesscoach.

Da hatten wir Mittagspause und da bin ich mit einer Ausbildungskollegin irgendwo hin etwas essen gegangen und dann unterhielten wir uns darüber: In welche Richtung wollen wir uns mal spezialisieren als Coach? Mit welchen Themen wollen wir uns beschäftigen?

Und irgendwie kamen wir beide drauf, dass Konflikte ja doch ein allgegenwärtiges Thema sind.

Dann haben wir aber beide gesagt, dann bist du aber ja immer mit der Aggressivität und den negativen Energien der Leute konfrontiert und das kann es ja auch nicht sein.

Wie gehst du denn mit der Aggressivität deiner, wie nennst du die Klienten oder Kunden, um?

CHRISTINA: Wir Mediatoren sagen „Medianten“ zu unseren Kunden, aber „Mandanten“ kann man auch sagen.

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Ich muss sagen, dass mir in meinen Kundengesprächen gar keine so große Aggressivität begegnet.

Es ist, glaube ich, auch so ein gewisser Irrglaube, dass es in einer Mediation zwangsläufig hoch hergehen muss und dass es in den Sitzungen oft Geschrei gibt. Oft erlebe ich es, dass wenn ich Menschen erzähle, dass ich Mediatorin bin, dass sie dann sagen: „Mensch, wie reagierst Du denn, wenn Deine Kunden laut werden und sich aggressiv verhalten?“

Aggressivität kommt schon gelegentlich vor, ist aber nicht die Regel!

Ich habe einige Seminare bei dem renommierten Mediator Heiner Krabbe besucht. Eines davon beschäftigte sich mit hocheskalierten Konflikten. Da hat er uns einige sehr wüste Fälle geschildert, in denen auch körperliche Gewalt ein Thema war.

Ich muss jedoch sagen, dass ich eher ein anderes Klientel anziehe. Bei mir laufen die Mediationssitzungen in der Regel sehr gesittet und auch nicht mit großer offensichtlicher Aggressivität ab.

Viele meiner Kunden befinden sich in Scheidung und verstehen sich dennoch sehr gut und sind sehr am Wohl des Anderen interessiert. Sie kommen dann zu mir, da sie für gewisse Probleme keine gemeinsame Lösung gefunden haben.

Es ist definitiv nicht zwangsläufig ein großes Riesenaggressionspotential, was einem Mediator in seinen Sitzungen entgegenschlägt.

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Manchmal gibt es natürlich schon Diskussionen. Die kann man als Mediator auch mal eine Zeitlang laufen lassen, das ist dann auch ganz gesund. Wichtig ist es auch, die Aggression zu würdigen, und zum Beispiel zu sagen: „Ich merke bei Ihnen ist da ganz viel Wut“ oder ähnliches.

Starke Aggressivität findet wirklich selten statt.

AXEL: Okay. Wenn es mal stattfindet, wie sehr nimmt dich das dann persönlich mit? Oder bist du da eher gelassen?

CHRISTINA: Als Mediatorin muss ich natürlich versuchen, gelassen zu bleiben. Meistens gelingt das zum Glück auch.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Es ist bisher noch nicht passiert, dass ich das Gefühl hatte, dass die Situation eskaliert, dass ich z.B. mal jemanden des Raumes verweisen musste oder ähnliches.

Was regelmäßig passiert, ist, dass ein Mediant weint.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Das ist eher die Emotion, die mir in den Sitzungen häufig begegnet. Zum Beispiel dann, wenn sich Leute scheiden lassen und der eine schon ganz Richtung neues Leben orientiert ist und der Andere noch trauert. In solchen Situationen weinen die Mandanten in den Sitzungen dann viel. Als Mediator muss man sich dann natürlich empathisch in den Kunden einfühlen.

Die Traurigkeit ist wie gesagt die Emotion, die mir in den Sitzungen viel häufiger begegnet als Aggressivität.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Aber das Schöne an meiner Arbeit ist, dass man mit den Kunden gemeinsam schaut, wie man die Situation verbessern und eine gute Lösung finden kann.

Ich empfinde das als sehr wohltuend und befriedigend. Wenn wir eine gute Lösung gefunden haben, sind die Medianten einen ganzen Schritt weiter. Das erfreut mich immer wieder sehr!

AXEL: Du siehst dann also eher die positiven Seiten?

CHRISTINA: Ja, auf jeden Fall!

AXEL: Und freust dich sozusagen auf die Lösungen?

CHRISTINA: Genau. Wie gesagt, große Aggressivität fand in meiner Kanzlei bisher nicht statt. Vielleicht suchen sich die hochaggressiven Streitenden auch vielleicht eher einen anderen Typ Mediator.

AXEL: Okay. Ja.

CHRISTINA: Da bin ich vielleicht gar nicht der richtige Ansprechpartner.

AXEL: So den Mediator in der Ritterrüstung.

CHRISTINA: Genau. Der Mediator mit dem Kampfhund oder so. Ich scheine eher ein anderes Klientel anzusprechen.

AXEL: Okay. Was ist deine Zielgruppe? Also, wer kann sich an dich wenden?

CHRISTINA: An mich können sich alle wenden, die Konflikte haben. Auch die mit einem gewissen Aggressionspotential weise ich natürlich in der Regel nicht ab, aber ich scheine trotzdem wie gesagt eher die etwas Harmonischeren anzuziehen.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Ich helfe gerne allen, die Konflikte haben und Lösungen suchen.

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Menschen, die entweder mit dem anderen zusammen oder alleine schauen wollen, wie sie die Dinge klären und positiv gestalten können.

AXEL: Und gibt es so eine Zielgruppe oder Menschen, mit denen du relativ häufig zusammengearbeitet hast?

Eher mit privaten Leuten, weil Du eben von Scheidungen gesprochen hast? Oder eher aus dem Business Führungskräfte?

Oder ist das gemischt?

CHRISTINA: Die Fälle in meiner Kanzlei sind bunt gemischt. Viele Businesscoaches sind ja dafür, dass man sich auf einen bestimmten Bereich spezialisiert und sind häufig überrascht, dass ich so ein breites Spektrum anbiete.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Ich finde es immer wieder interessant, welche Fälle an mich herangetragen werden. Ich helfe viel bei Teamkonflikten in Unternehmen, aber auch oft bei Familienkonflikten, z.B. bei Erbschaftstreitigkeiten oder auch bei Scheidungen. Oft auch bei Nachbarschaftsstreitigkeiten.

Und ich biete ja auch noch die Mediation beim Streit rund ums Tier an.

AXEL: Ja.

CHRISTINA:

Ich habe eigentlich aus allen drei Bereichen in etwa gleich viele Fälle.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Wie gesagt, ich mache das nicht so, dass ich nur eine bestimmte Nische anbiete, wie die Businesscoaches es predigen. Mir wäre das im Bereich der Mediation auch zu riskant.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Wenn ich mich jetzt auf eines meiner Standbeine spezialisieren würde, bin ich mir nicht sicher, ob der Verdienst ausreichen würde um davon zu leben. Wobei es ja auch Mediatoren gibt, die nur Businessmediation anbieten. Ich weiß es nicht – ein spannendes Thema!

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Eine Spezialisierung wäre mir persönlich zu einschränkend. Ich liebe die Vielfalt der Fälle!

AXEL: Ja. Ist es bei Dir dann eher ein Bauchgefühl?

CHRISTINA: Ja.

AXEL:  Wenn es für dich ok ist und Du dann auch noch gut davon leben kannst, dann ist ja auch alles in Ordnung.

CHRISTINA: Ja. Für mich fühlt es sich so gut an.

AXEL: Ja. Schön.

Was würdest du sagen: Wie wichtig ist das Thema Konfliktlösung für das persönliche Glück oder überhaupt für das Lebensglück oder die Lebenszufriedenheit?

CHRISTINA: Ich habe den Eindruck, dass viele Leute, die mich anrufen, ihre Konflikte als extreme Belastung empfinden.

Oft bekomme ich von Kunden berichtet, dass sie durch die Konflikte schlecht schlafen oder Kopfschmerzen haben und auch oft, dass sie in ärztlicher Behandlung sind und wegen der psychischen Belastung Medikamente nehmen müssen. Ich habe den Eindruck, dass Konflikte häufig als sehr belastend empfunden werden.

Ich habe gerade im beruflichen Kontext schon Mediationen erlebt, die so eskaliert waren, dass die Leute gesundheitlich gar nicht mehr in der Lage waren, sich da noch auf Mediationsgespräche  einzulassen. Das ist dann natürlich sehr schade!

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Es kommt auch schon mal vor, dass eine Mediation scheitert, weil die Hilfe einfach zu spät geholt wird.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Daher empfehle ich immer, die Dinge frühzeitig anzugehen und sich rechtzeitig Hilfe zu holen, gerade im beruflichen aber auch im privaten Kontext.

AXEL: Okay. Und wenn die Leute jetzt die Konflikte gut lösen. Was ergibt sich dann an positiven Effekten?

Hast du da irgendwie Erfahrungen oder hast du Rückmeldungen von deinen Mandanten?

CHRISTINA: Ja, ich bekomme oft Mails, in denen mir die Kunden berichten, dass sie sehr erleichtert sind und dass sich ihr Wohlbefinden durch die Konfliktlösung gebessert hat.

Ich glaube, auch, dass, wenn man mal eine Mediation durchlaufen und gesehen hat, wie eine Konfliktlösung funktioniert, es einem auch für künftige Konflikte ganz viel bringt.

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Dass man es dann im nächsten privaten Konflikt selbst mal so angehen kann wie man es im Mediationsverfahren gelernt hat.

In einem Mediationsverfahren schauen wir ganz viel auf die Bedürfnisse der Beteiligten.

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Man schaut hierbei, was den einzelnen Beteiligten wirklich wichtig ist. Oft geht man ja in einen Streit mit einer Position. Zum Beispiel: „Ich will, dass du heute Abend nicht das Fußballspiel schaust, sondern mit mir den Abend verbringst.“

AXEL: Klassiker.

CHRISTINA: Genau. Das Beispiel ist natürlich sehr klischeehaft – Ich selbst bin weiblicher Fußballfan, von daher sehe ich das nicht zwangsläufig so, aber ich möchte es dennoch an dem Beispiel erklären: Man muss nun schauen: Was steckt denn hinter der Forderung, was will die Frau eigentlich wirklich?

Vielleicht hat sie das Bedürfnis nach Nähe oder nach dem Gefühl oder auch das Bedürfnis, zu merken, dass sie dem Partner wichtig ist.

Solche Dinge könnten dahinter stehen.

Im Konflikt ist immer die Frage sehr wichtig: Welches Bedürfnis steht eigentlich hinter der Forderung?

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Und wenn man in einem Mediationsverfahren gelernt hat, wie man die Bedürfnisse herausfindet, dann kann man das Prinzip auch in anderen Konflikten anwenden.

AXEL: Also, das heißt, immer, wenn du eine Mediation machst und ein Konflikt gut gelöst wird, hast du gleichzeitig die Chance, für einen eigenen künftigen Konflikt zu trainieren?

So kann man das zusammenfassen?

CHRISTINA: Ich finde schon. Ja.

AXEL: Ja. Super.

Du hast gerade schon die Bedürfnisse, die dahinter liegen angesprochen.

Was ist für oder deiner Erfahrung nach oder ich sage mal, eigentlich ist es ja eine Theorie im Endeffekt.

Also, was ist deine Theorie, was steckt immer oder fast immer hinter den Konflikten?

Sind das nur die Bedürfnisse oder unterteilst du da noch in andere, ich sage mal, Ursachen?

CHRISTINA: In der Mediation gehen wir nicht so tiefenpsychologisch vor.

Ich nehme an, dass ein Psychologe hinter den Forderungen vielleicht noch irgendwelche anderen Dinge sieht.

Aber in der Mediation konzentrieren wir uns hauptsächlich auf die Bedürfnisse. Das Ziel ist eine Lösung, die diese Bedürfnisse optimal berücksichtigt.

Man darf sich eine Mediation nicht psychoanalysemäßig vorstellen. Wir betreiben auch keine Vergangenheitsanalyse, Kindheitsbetrachtung oder ähnliches.

Wir schreiten viel mehr Schritt für Schritt und sehr strukturiert durch das Mediationsverfahren.

Die Suche nach den Bedürfnissen nennt man auch das Kernstück der Meditation. Sie ist ein ganz wichtiger Punkt. Hierfür wendet man in einem Mediationsverfahren auch recht viel Zeit auf.

Wie gesagt, es ist wichtig, zu schauen, welche Bedürfnisse hinter den Forderungen stecken.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Du siehst, in der Mediation konzentrieren wir uns wirklich sehr auf die Bedürfnisse.

AXEL: Okay. Weil, also, ich bin in meinem Modell, sage ich mal so, ich unterteile noch auch in Wertesystem und Weltbild.

Aber man kann es natürlich im Endeffekt auch wieder auf die Bedürfnisse zurückführen.

Das heißt, wenn jemand sein Weltbild als das richtige angesehen wissen möchte und dadurch ein Konflikt mit jemand anderem entsteht, was ja, glaube ich, sehr oft im Alltag passiert.

Dann steht ja eigentlich wieder das Bedürfnis nach zum Beispiel Respekt oder Anerkennung oder so was dahinter, ne?

Also, man kann es wahrscheinlich immer auf Bedürfnisse zurückführen, aber ich habe für mich selber zumindest derzeit entschieden, da noch so diese kleine Mitbegründung für Konflikte, ja, anzuerkennen und dann auch entsprechend in meine Trainings einfließen zu lassen.

Was sind denn deiner Erfahrung nach die wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass ein Konflikt im Endeffekt optimal gelöst werden kann?

CHRISTINA: Ich beantworte die Frage jetzt mal aus der Sicht der Mediatorin, was ja meine Haupttätigkeit ist: Das Wichtigste ist natürlich, wie ich schon gesagt habe, dass alle Beteiligten bereit sind, sich da an einen Tisch zu setzen und zusammen nach einer guten Lösung zu schauen.

Ganz wichtig ist in der Mediation auch eine gewisse „Ergebnisoffenheit“. Es bringt nichts, wenn ein Mediant mit am Tisch sitzt, aber sagt: „Okay, ich rede da mit, aber das Ergebnis muss so und so aussehen.“

Das gibt es auch manchmal. Mit dieser Einstellung ist ein Mediationsverfahren natürlich nicht möglich.

Es ist wichtig, dass jeder bereit ist, zu schauen, wie eine ganz neue Lösung aussehen könnte, mit der alle Beteiligten einverstanden sind.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, dann ist eine erfolgreiche Mediation schon sehr wahrscheinlich.

Wichtig ist hierbei natürlich auch das Vertrauen in den Mediator und das Mediationsverfahren an sich.

AXEL: Ja. Und du hast vorhin schon gesagt, du arbeitest ja auch als Konfliktcoach, das heißt, dass du eben Menschen alleine coachst.

Können denn prinzipiell Streithähne, die einen Konflikt haben, den auch ohne Mediator lösen?

Was ist da deine Erfahrung oder ist das dann sehr schwierig? Oder?

CHRISTINA: Es wäre ja schlimm, wenn niemand ohne Mediator in der Lage wäre, einen Konflikt zu lösen. Natürlich kann man Konflikte auch gut ohne Mediator lösen.

Das kennt man ja auch aus dem eigenen Leben. Jeder von uns löst regelmäßig Alltagskonflikte ohne externe Hilfe.

AXEL: Aber ich sage mal, gibt es deiner Erfahrung nach jetzt eine Eskalationsstufe, ab der es unmöglich ist, den ohne Hilfe zu lösen?

Oder sagst du, auf jeder Stufe ist es möglich, das alleine noch zu schaffen.

CHRISTINA: Es gibt sicherlich extrem eskalierte Konflikte, bei denen man unter Umständen gar nicht mehr miteinander spricht oder nur noch auf Beleidigungsebene kommuniziert, dann ist das Lösen ohne Hilfe natürlich schwierig.

Aber es gibt auch Stufen der Konflikteskalation, auf denen eine Mediation nicht mehr helfen kann. Wenn ein Konflikt komplett eskaliert ist und keine Redebereitschaft mehr da ist, dann kann auch oft kein Mediator mehr helfen.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Das ist dann aussichtslos.

AXEL: Und wenn du so einen knackigen Tipp hast für die Zuhörer. Wie sie ihre Konflikte am besten dann eben auch hoffentlich alleine lösen können. Gibt es so einen Tipp? Und wenn ja, welcher wäre das?

CHRISTINA: Also, so mein Haupttipp wäre wirklich das Herausfinden der Bedürfnisse im Konfliktfall.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Dass man sich einfach mal mit dem Anderen zusammensetzt und ein Gespräch führt. Hierbei ist es wichtig, sich wirklich zuzuhören und z.B. den Fernseher und das Handy auszuschalten.

Es hilft oft sehr, wenn man sich einfach mal Zeit nimmt, zuzuhören, was den Anderen bewegt und was er eigentlich wirklich will.

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Wichtig ist es natürlich auch, dem Anderen zu sagen, was die eigenen Bedürfnisse sind.

Hierbei sollte man darauf achten, nicht bei den Forderungen steckenzubleiben. Um bei unserem Fussballbeispiel zu bleiben: Nicht fordern, dass der andere heute Abend nicht sein Fußball schaut, sondern sich mal wirklich fragen, warum ist mir das so wichtig? Dass man einfach mal überlegt, warum will ich denn jetzt eigentlich, dass er heute Abend kein Fußball schaut, warum hängt mein Glück jetzt an diesem Abend?

Dann stellt man vielleicht fest, dass man sich nach Zweisamkeit sehnt, Verbundenheit mit dem Partner, Harmonie und ähnlichem. Wenn man die Bedürfnisse herausgefunden hat, dann sollte man diese dem Anderen statt der Forderung mitteilen. Das wirkt dann ganz anders, als eine vehemente Forderung.

Und als nächsten Schritt kann man dann gemeinsam überlegen, wie das Bedürfnis erfüllt werden kann. Kann es wirklich nur erfüllt werden, indem der Andere auf den Fußballabend verzichtet? Oder würde ein gemeinsames Abendessen am nächsten Tag dem Bedürfnis auch gerecht?

Auf diese Art kann man besser nach Lösungen suchen, man ist wesentlich ergebnisoffener.

AXEL: Bei mir wäre es übrigens genau anders herum, also, ich bin kein Fußballfan, ich würde dann wahrscheinlich eher auf die Zweisamkeit drängen.

CHRISTINA: Okay.

AXEL: Das heißt also, wenn ich es richtig verstanden habe, geht es tatsächlich darum, dass man gemeinsam ergründet, was steckt hinter meiner, ich sage mal, konkreten Strategie?

CHRISTINA: Genau.

CHRISTINA: Hinter meiner Forderung.

AXEL: Forderung.

CHRISTINA: Dieses Prinzip ist wie gesagt etwas, was wir in der Mediation auch ganz intensiv betreiben. Dadurch entsteht oft ganz viel Veränderung, plötzlich werden Lösungen möglich.

Nehmen wir zum Beispiel einen Geschwisterstreit bei dem drei Bruder darum streiten, was aus dem Haus der verstorbenen Eltern werden soll. Ein Bruder möchte nicht, dass das Haus verkauft wird. Anfangs steht diese Forderung von ihm im Raum. Die beiden Brüder sind nicht einverstanden.

Wenn man aber erfährt, warum er den Verkauf nicht möchte, dann ist man einen großen Schritt weiter. Möglicherweise möchte er es behalten, da es für ihn seine Heimat darstellt und er seine Wurzeln und den Bezug zu einer schönen Vergangenheit nicht verlieren möchte.

Dadurch, dass solche Bedürfnisse ausgesprochen werden, dadurch entsteht bei den Anderen oft ganz viel Verständnis. Oft wird hierdurch ein Aufeinanderzugehen der Beteiligten möglich.

AXEL: Ja. Also, könnte man so ein bisschen, sage ich mal, ketzerisch sagen, würden die Leute mehr sich aufeinander einlassen und mehr miteinander reden, würden viele Konflikte vielleicht gar nicht erst so aufgeschaukelt, wenn sie ihre Bedürfnisse häufiger kommunizieren.

CHRISTINA: Ja, wenn wir unsere Bedürfnisse häufiger äußern und sie auch frühzeitig kommunizieren würden und unser Gegenüber uns wirklich zuhören würde, dann könnte man sicherlich den einen oder anderen Konflikt vermeiden.

AXEL: Aber dann hättest du natürlich auch weniger zu tun.

CHRISTINA: Das wäre schade.

AXEL: Das wäre ja auch doof. Ja. Ich glaube, es gibt noch genügend zu tun da draußen, von daher mache ich mir da auch gar keine Sorgen.

CHRISTINA: Nein.

AXEL: Du hast ja zurzeit eine Blogparade laufen, sozusagen die lautet/ Oder vielleicht sagst du selber mal, was das für eine ist.

CHRISTINA: Das Thema meiner Blogparade lautet „Wie werde ich zum Konfliktmeister?“.

Hier muss ich aber vorab erklärend sagen, dass der Titel am Anfang bei einigen zu einem gewissen Irrtum geführt hat. Manche Leser haben das eher in die Richtung gelesen, wie man den Anderen im Konflikt am Besten im Sinne eines sportlichen Wettkampfes besiegen kann.

Es wäre ja schlimm, wenn ich als Mediatorin so etwas propagieren würde.

Es geht vielmehr darum, wie man lernt, Konflikte besser zu meistern.

Die Blogparade lege ich allen Zuhörern wärmstens ans Herz.

Es sind jetzt schon neun oder zehn sehr gute Beiträge eingegangen.

Wer vielleicht noch mitmachen möchte, das Ganze läuft bis 23. September.

AXEL: Ja. Ich glaube. Ja.

CHRISTINA: Es ist hochspannend, welche Beiträge mittlerweile fast täglich eingereicht werden.

Gestern erreichte mich z.B. der Beitrag von einer Dame, die im Personalleiter coacht.

Ein wirklich sehr spannender und toller Beitrag!

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Ich liebe bei Blogparaden einfach diese Vielfalt. Und diese ständige Überraschung, welche Beiträge als nächstes in meinem Postfach landen.

AXEL: Ja. Also, ich habe die ersten Beiträge, ich glaube, die ersten sieben oder so habe ich auch schon gelesen und ich fand die auch wieder sehr interessant.

Ich meine, klar, ist ja auch mein Thema und immer wieder neue Anregungen, neue Perspektiven zu kriegen, das finde ich auch toll.

Und von daher, also, selbst wenn du das jetzt nach dem 23. September hören solltest, lieber Zuhörer und liebe Zuhörerin, schau da mal rein.

Ich werde das Ganze auch verlinken, sodass du dann da draufkommst und auch dein eigener Artikel zur Blogparade ist auch sehr lesenswert, wie ich finde.

CHRISTINA: Vielen Dank.

AXEL: Ja. Bitte. Und von daher lohnt sich daher auch einzulesen, wenn man sich nicht selber beteiligen kann oder will. Okay. Ja.

Dann habe ich noch eine letzte Frage: Gab es denn mal einen, ich sage mal, aus deiner Sicht lustigen Konflikt? Also, irgendetwas wo du vielleicht im Nachhinein drüber schmunzeln musstest, über den du sozusagen anonymisiert etwas sagen darfst? Gab es da irgendwas?

CHRISTINA: Die Frage muss ich leider verneinen. Ich schreibe zwar viele Artikel in denen ich Mediationsfälle schildere, aber ich verwende niemals die eigenen Fälle, auch nicht anonymisiert.

AXEL: Okay.

CHRISTINA: Ich bin da extrem verschwiegen.

AXEL: Ja. Ja.

CHRISTINA: Ich möchte nicht, dass sich ein ehemaliger Kunde in den Fällen wiederfinden könnte. Ich muss aber sagen, es würde mir auch kein Fall aus meiner Praxis einfallen, der besonders lustig war.

AXEL: So skurril oder so wo du sagt, warum haben die sich da so reingesteigert? Hast du mal von irgendwas gelesen oder gehört? Oder?

CHRISTINA: Aus meiner eigenen Praxis könnte ich eher über bewegende Geschichten berichten. Oft bewegt es mich sehr, wie respektvoll Medianten zum Beispiel nach der Trennung miteinander umgehen, wie sehr die ehemaligen Partner darauf bedacht sind, dass es dem anderen gut geht. Solche Fälle hatte ich schon häufiger.

Das rührt mich dann immer sehr. Manchmal kam mir schon der Gedanke: Mensch, wie schade, dass sie sich trennen, da sie so respektvoll miteinander umgehen!

AXEL: Ja.

CHRISTINA: Es berührt mich dann auch sehr, wenn die Medianten gute Lösungen finden und erleichtert meine Kanzlei verlassen.

Von besonders skurrilen Fällen, bei denen ich gar nicht nachvollziehen konnte, dass man sich darüber streitet, kann ich wirklich nicht berichten. Als Mediatorin muss ich muss ja auch empathisch sein.

AXEL: Ja. Klar.

CHRISTINA: Es war aber auch noch nie so, dass es mir schwergefallen ist, empathisch zu sein. Absurde Fälle hatte ich noch keine.

AXEL: Okay. Ja. Kommt vielleicht noch.

CHRISTINA: Ja. Wer weiß.

AXEL: Ich glaube, das Leben überrascht einen ja auch immer wieder und die Menschen ohnehin.

Ja, Christina, hast du von deiner Seite aus noch irgendwas? Habe ich irgendwas vergessen oder gibt es noch was Wichtiges zu sagen?

CHRISTINA: Nein, eigentlich nicht. Es war ein sehr interessantes Gespräch.

AXEL: Das freut mich. Das höre ich natürlich auch gerne.

Und, ja, in dem Sinne würde ich dann sagen, ganz herzlichen Dank für das Interview.

CHRISTINA: Und vielen Dank an dich für dein Interesse an meiner Arbeit.

AXEL: Ja. Gerne. Wie gesagt, wir ziehen da ja an einem Strang.

Ich finde das gut, mit anderen Profis, Experten sich auszutauschen, dann hat eben auch, wenn wir das so öffentlich machen, der Zuhörer und die Zuhörerin haben dann was davon, also, von daher.

Mir hat es auch einiges gebracht und von daher ganz herzlichen Dank.

CHRISTINA: Und ich wünsche dir ganz viel Erfolg mit deinem Podcast.

AXEL: Vielen Dank. Ja. Bin sehr gespannt.

Also, zum jetzigen Zeitpunkt da wir das aufnehmen, ist er ja noch nicht gestartet, ich bin dann mal gespannt auf die ersten Reaktionen.

CHRISTINA: Toll. Ich freue mich drauf.

AXEL: Okay. Danke dir und schönen Tag noch.

CHRISTINA: Ja. Dir auch noch. Danke. Tschüss.

AXEL: Tschüss.

 

Ja, das war das Interview mit der Christina.

Ich hoffe, es hat dir gefallen. Du kannst uns ja gerne in den Kommentaren schreiben, ob dir das Interview zugesagt hat, ob dir die Inhalte zugesagt haben.

Wenn du Fragen hast an die Christina – gerne auch in den Kommentaren.

Ansonsten findest du sie auf ihrer Homepage. Die verlinke ich auch in den Shownotes.

Diese Episode hier findest du unter www.maluschka.com/002. Also maluschka.com/ – der Schrägstrich – 002 für die 2. Episode. Dort findest du alle Shownotes, die Kommentarmöglichkeiten und – ich geh davon aus – auch die Christina wird auf die Kommentare schauen und ggf. Fragen beantworten.

Okay. Dann wünsch ich dir noch einen richtig schönen guten Tag. Und bis zum nächsten Mal! Ciao!


 

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